Die Untersuchung der Lesegewohnheiten der Internet-Nutzer zeigen, dass man in diesem Fall nicht einmal über lesen sondern eher über scannen des Textes auf der Suche nach wertvollen und interessanten Informationen.
79 Prozent der Nutzer behaupten die Seite zu scannen, und nur 16 Prozent lesen den Text Wort für Wort online (Nielsen, Fox 1998 ).
Gründe dafür:
- die Geschwindigkeit des Online-Lesens um etwa 25 Prozent niedriger ist als die des gedruckten Wortes – der physische Komfort des Lensens über das Monitor ist wesentlich geringer
- keine Möglichkeit Notitzen zu machen und ausgewählte Stellen zu unterstreichen
Lesen die Nutzer den gedruckten Text zum ersten Mal, machen sie oft verschiedene Arten von Unterstreichungen, Hervorhebungen und Anmerkungen, die ihnen die wiederholte Rezeption des Textes erleichten – Scannen auf der Basis der markierten Elemente (O’Hara, Sellen, 1997). Da der Internetsurfer von Natur aus ungeduldig ist und so schnell wie möglich sein Ziel erreichen will – zu den gewünschten Informationen zu gelangen, erwartet er online Texte, die schon beim ersten durchgang das Scannen ermöglichen.
Ein weiterer Faktor, der für die unterschiedliche Wahrnehmung des gedruckten und des Online-Textes sorgt ist die Art der Bewegung durch die Seiten des Dokuments. Das Blättern der Seiten von Papierdokumenten erfolgt schnell und automatisiert. Der Leser beginnt das Umblättern noch bevor er die Seite zu Ende gelesen hat, was den fließenden Übergang zwischen dem Text am Ende der einen und dem am anfang der nächsten Seite minimiert. (O’Hara, Sellen, 1997). Der Prozess des Betrachtens der Online-Texte kann wesentlich langsamer werden. Sein Tempo hängt weitgehend von der Navigation, die Länge der Seiten und der Ladezeit ab.
Ein weiterer Unterschied zwischen der Rezeption des gedruckten und des Online-Dokumentes ist der Ausgangspunkt der Interaktion. Der Leser des gedruckten Textes startet die Interaktion meist auf der ersten Seite des Dokumentes, oder zumindest am Anfang des Kapitels und bewegt sich dann fließend von einer Seite zur anderen. In diesem Fall ist es daher nicht besonders wichtig, dass jede einzelne Seite eine in sich geschlossene und gewissermaßen unabhängige Dosis an Informationen. Anders sieht es im Fall des Online-Dokumentes aus. Der Nutzer fängt die Interaktion mit der Website nicht zwangsläufig auf der Startseite an. In der Regel beginnt er sie auf der Unterseite, die er über die Suchmaschinen erreicht hat und erwartet auf dieser Unterseite die gesuchten Informationen zu finden – ohne dass er sich durch die gesamte Website durchklicken muss.
Diese Unterschiede sollten daher eine Widerspiegelung in der inhaltlichen Konzeption der Webseiten finden um den Nutzern eine komfortable Interaktion zu ermöglichen.
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